Eine Geschichte über acht Jahrhunderte
Das Schloss Greyerz wurde von den Grafen, die es errichteten, den Freiburger Landvögten und den Genfer Familien Bovy und Balland bewohnt, bevor der Staat Freiburg seinen ehemaligen Besitz 1939 zurückkaufte und der Öffentlichkeit zugänglich machte. Entdecken Sie die faszinierende 800-jährige Geschichte des Schlosses.
Mittelalterliches Schloss
Das 1244 erstmals in Textquellen erwähnte Schloss ist die Hauptresidenz eines der bedeutendsten mittelalterlichen Adelsgeschlechter der Westschweiz: der Grafen von Greyerz. Der Bau aus dem 13. Jahrhundert folgt dem militärischen Modell eines «Carré savoyard». Dieses Modell einer quadratischen Festungsanlage wurde vom Haus Savoyen entwickelt, dessen Vasallen die Grafen sind. So wird das Geviert durch eine fast quadratische Mauer geschützt, die ein Bergfried (Donjon), ein Turm und mehrere Ecktürmchen verstärken.
Umfangreiche Arbeiten, die im 15. Jahrhundert von Graf Ludwig begonnen werden, verwandeln die Burg in eine herrschaftliche Residenz. Elegante Steingalerien mit grossen Fenstern ersetzen einen Teil der Holzgalerien, ein Treppenturm lehnt sich an den Wohntrakt an, und in einem alten Wehrturm wird eine Kapelle errichtet.
Fast 500 Jahre lang herrschten die Grafen von Greyerz über ein grosses Gebiet, das aus Kastlaneien auf beiden Seiten der Saane und aus Herrschaften (Palézieux, Oron und Aubonne) besteht. Einige Grafen zeichnen sich während des Hundertjährigen Krieges auf Schlachtfeldern und in den Burgunderkriege an der Seite der Eidgenossen aus. Die Dynastie erlischt mit Graf Michael, der, von finanziellen Problemen geplagt, Konkurs macht; seine Güter werden 1554 von seinen Hauptgläubigern Bern und Freiburg beschlagnahmt.
Sitz der Landvögte
Nach dem Konkurs des Grafen Michael im Jahr 1554 teilen sich Bern und Freiburg die Gebiete der ehemaligen Grafschaft. Freiburg nimmt die heutige Region Gruyère in Besitz und bringt seine Statthalter, die Landvögte, im Schloss unter. Sie sind für die Verwaltung der Region zuständig, sprechen Recht, führen die Finanzen, verwalten die Domänen und erheben Steuern.
Zwischen 1554 und 1798 lösen sich in Greyerz mehr als 50 Landvögte aus Freiburger Patrizierfamilien ab. Während ihrer Amtszeit erweitern die Gnädigen Herren die Alpeweiden und erhöhen die Produktion von Käse, den sie zunehmend auf ausländischen Märkten verkaufen. Die Käselaibe, die den Transport über grosse Distanzen gut vertragen, gelangen auf dem Landweg nach Vevey, wo sie, auf Schiffe verladen, nach Lyon in Frankreich befördert werden.
Die Landvögte und ihre Nachfolger, die Oberamtmänner, bewohnen die Burganlage bis 1848, als das Oberamt des neuen Greyerzbezirks in Bulle eingerichtet wird. Da das Schloss, Symbol der ehemaligen Landvogtei, zu teuer in der Instandhaltung ist, wird es zum Verkauf ausgeschrieben und von einer Genfer Familie erworben.
Künstlerresidenz
Nach dem Umzug des Oberamts des Greyerzbezirks nach Bulle im Jahr 1849 wird das Schloss versteigert und von den Brüdern John, Antoine und Daniel Bovy erworben. Sobald der Frühling naht, zieht die Familie nach Greyerz, während sie den Winter im Schloss La Boissière bei Genf verbringt.
Die neuen Eigentümer führen umfangreiche Renovierungsarbeiten durch. Die Bauleitung übernimmt Daniel Bovy, der die Raumordnung und das Thema jedes Raums im Gebäude neu definiert. Er lädt seine Künstlerfreunde, die aus Frankreich und Genf stammen, in die Sommerresidenz ein, und alle beteiligen sich an der Ausführung neuer Dekorationen.
Daniel gründet eine Künstlerkolonie im Schloss, das zum Mittelpunkt einer künstlerischen Utopie wird. Begegnungen und Austausch zwischen Malern, Bildhauern, Schriftstellern und Musikern sind Teil des Gemeinschaftslebens dieser Kunstschaffenden. Nach einem Tag, der dem Zeichnen und Malen gewidmet ist, werden die Abende durch Gesang, Theater und üppige Mahlzeiten belebt. Die Künstler zeichnen sich insbesondere in der Landschaftsmalerei aus. Die Gemälde von Jean-Baptiste Camille Corot und Barthélemy Menn, welche die Wände des Schlosses schmücken, zeugen von dieser künstlerischen Zusammenarbeit.