Sonia Kacem

Die Ausstellung La chute zeigt ein breites Spektrum der Tätigkeit der Künstlerin. Beim Durchschreiten der Schlossräume entdeckt das Publikum ihre Lieblingsthemen: die Materie und ihre Anhäufung, die Definition von Volumen durch Linien, die Drapierung und das Ornament-Zeichen. In dieser intensiven Arbeit prägt die Wiederholung des Gestus das Schaffen und versetzt die Künstlerin in eine körperliche Beziehung zur Materie. Ihre abstrakten Kompositionen, die mit Formen und Farben spielen, laden mit ihren teils eindrucksvollen Dimensionen unmittelbar zur Immersion und zum visuellen Vergnügen ein.

Sonia Kacem steht in der Nachfolge der Minimal Art und insbesondere des amerikanischen Künstlers Robert Morris, der in seinen Arbeiten die Probleme der Skulptur neu formulierte. Sie erkundet die Auswirkungen der Schwerkraft auf die Materie und die Spannungen, die diese beleben können. Dazu verwendet sie weiche Materialien und fertigt ihre Werke mit einfachen, gelegentlich repetitiven Gesten an, ohne bildhauerisch tätig zu werden oder zu modellieren.

Ihre Ausstellung im Schloss Gruyères befasst sich insbesondere mit der Drapierung, die seit der Antike eines der am häufigsten bearbeiteten Themen der Kunst sein dürfte. Die Anordnung von Stoffen, die Falten bilden und knittern, ist eine der ersten Formen der Abstraktion. Sie deutet das Kleid und in einem weiteren Sinn den Körper an, den dieses umhüllt. So bekleiden schwere Stoffe auf kunstvolle Weise die Räume während des gesamten Rundgangs.

Ornament und Motiv bilden schliesslich eine neuere Thematik in Sonia Kacems bildnerischer Arbeit. Zur Wiederholung des Gestus kommt die Reproduktion des Zeichens hinzu. In einer Reihe von Lithografien, die für die Ausstellung in Schloss Gruyères entstanden, lässt sich die Künstlerin von Details anregen, die sie in der Grafenresidenz entdeckte, insbesondere von den historischen Graffiti, die in einigen Räumen noch zu sehen sind.

Sonia Kacems spektakuläre Interventionen, die sich in den historischen Räumen in einer Fülle von Formen und Farben entfalten, führen einen Dialog mit dem Ort und der Sammlung. In Gruyères blickt sie auf ihr künstlerisches Schaffen zurück, indem sie Arbeitsprozesse aus ihren Anfängen reaktiviert und die Ergebnisse ihrer jüngsten Erkundungen enthüllt. Von der eindrucksvollen Installation Amsterdam, welche die Ausstellung eröffnet, bis zum erstaunlichen Werk L’écume, das den Rundgang im Rittersaal abschliesst, bietet La chute der Künstlerin die Gelegenheit, an ihr mehr als zehnjähriges Schaffen anzuknüpfen.